Spielen wird immer beliebter, der Spielemarkt ist in den letzten fünf Jahren um 40% gewachsen. Neue Gesellschaftsspiele werden jedes auf der Spielemesse SPIEL in Essen vorgestellt. Auch in diesem Jahr lockte die Messe rund 200.000 Spielefans aus aller Welt an. Doch wie ist die Messe so schnell gewachsen und warum wird immer mehr gespielt? In unserem Interview erklärt Dominique Metzler vom Friedhelm Merz Verlag, was das Schöne am Spielen ist und wie sich der Spielemarkt in den nächsten Jahren weiter entwickeln wird.

Bärti: Die SPIEL in Essen hat die Ausstellungsfläche in den letzten Jahren fast verdoppelt und lockt immer mehr Besucher an. Wie haben Sie es geschafft, die Messe so wachsen zu lassen?

Dominique Metzler: Wir beobachten den weltweiten Spielemarkt sehr genau und versuchen seit Jahren nationale wie internationale Spieleverlage für die SPIEL zu begeistern. Andererseits hat sich die SPIEL in den letzten Jahrzehnten einen weltweit ausgezeichneten Ruf erarbeitet. So müssen wir heute nicht mehr von Veranstaltung zu Veranstaltung reisen, um Aussteller zu akquirieren. Diese kommen quasi von alleine. Ich glaube, das ist das eigentliche Erfolgsrezept: Wenn das Produkt qualitativ überzeugt, kommt das Wachstum von ganz alleine.

Bärti: Welche Wichtigkeit haben Brettspiele heute überhaupt noch, obwohl es genügend digitale Spiele gibt?

Dominique Metzler: Brettspiele wurden vor rund zwei Jahrzehnten von vielen für tot erklärt. Heute würde ich lachend sagen: „Totgesagte leben oftmals länger.“ Spaß beiseite, Brettspiele haben gerade in den letzten 10 bis 15 Jahren einen enormen Boom erfahren. Ein Grund hierfür ist wahrscheinlich, dass immer mehr Menschen in unserem digital geprägten Zeitalter eine unmittelbare, direkte Kommunikation suchen, und Brettspiele ein ideales Medium hierfür sind. Wir haben die Ausstellungsfläche der SPIEL in den letzten sechs Jahren verdoppelt. Auch dieses Wachstum belegt, dass Brettspiele immer wichtiger werden.

„Brettspiele wurden vor rund zwei Jahrzehnten von vielen für tot erklärt. Heute würde ich lachend sagen: Totgesagte leben oftmals länger.“

Bärti: Was glauben Sie, woran liegt es, dass überall auf der Welt viel mehr gespielt wird als zuvor?

Dominique Metzler: Hierzulande waren wir schon immer „Spiele-Weltmeister“. Früher haben uns viele andere Nationen um unsere lebendige Brettspielszene beneidet. Nach und nach sind dann überall auf der Welt immer mehr Verlage entstanden. Und auch hier scheint es so zu sein, dass die Menschen auch anderswo ein starkes Bedürfnis nach direkter Kommunikation und Spaß miteinander haben. Ein gutes Beispiel hierfür ist Südkorea. Hier sind vor etwa zehn Jahren hunderte von Brettspielcafés wie Pilze aus dem Boden geschossen. Besucht werden sie von jungen Leuten. Und das in einer Nation, die allgemein für computerspielverrückt gehalten wird.

Bärti: Was ist das Schöne an analogen Brett- und Kartenspielen?

Dominique Metzler: Für mich ist das Schönste, dass ich beim Spielen mein Gegenüber kennenlerne. Wenn ich zehn Minuten mit vorher wildfremden Menschen gespielt habe, dann weiß ich ungefähr, was für ein Typ Mensch mir gegenübersitzt. Wir können zusammen lachen oder uns ärgern. Das kann kein Computerspiel dieser Welt ersetzen.

Bärti: Welche Art von Spielen ist besonders beliebt und verzeichnet ein großes Wachstum?

Dominique Metzler: Schwer zu sagen. Menschen, die sich an das Thema Brettspiele heranwagen, sollte man nicht überfordern. Für sie hält der Markt eine große Bandbreite an leicht zugänglichen Familien- und Erwachsenenspielen bereit. Hier meldet die deutsche Branche Umsatzzuwächse von 4% zum Vorjahr. Viele große deutsche Verlage bedienen diesen Markt sehr erfolgreich. Zwischenzeitlich ist aber auch eine immer größere Anzahl von Vielspielern herangewachsen, und so entwickelt sich auch der weltweite Markt für Expertenspiele zurzeit rasant.

„Für mich ist das Schönste, dass ich beim Spielen mein Gegenüber kennenlerne. Das kann kein Computerspiel dieser Welt ersetzen.“

Bärti: Und wohin geht der Trend in den nächsten Jahren?

Dominique Metzler: Auf der SPIEL wurden dieses Jahr 1.500 Spieleneuheiten vorgestellt. Hier gab es unzählige Spiele für die jeweiligen Zielgruppen und es fiel schwer, einen Trend zu entdecken. Man könnte sagen, der Trend liegt in der Vielfalt. Und je mehr Verlage entstehen, umso größer wird diese Vielfalt in den nächsten Jahren werden.

Bärti: Wenn Sie ein Kinderspiel des Jahres wählen müssten, welches wäre es?

Dominique Metzler: Es wäre auf jeden Fall ein Kinderspiel, das Erwachsenen und Kindern gleichermaßen Spaß machen würde. Oft sind das Spiele, die einen Memory-Effekt beinhalten. Hier stellen sich Kinder deutlich besser als Erwachsene an. In diesen Spielen haben Kinder endlich mal die Möglichkeit, sich mit Erwachsenen auf Augenhöhe zu messen. So haben beide gleichermaßen Spaß, und Eltern müssen nicht nur so tun, als ob sie beim Spielen mit den Kids Freude haben.

Fotos: Friedhelm Merz Verlag